Montag, 21. November 2016

Ein Anfang, mein Anfang



Nachdem Bernhard mich eingeladen hat hier mitzuwirken, tue ich das selbstverständlich mit Freuden und Verspätung. Zu meiner Persönlichkeit möchte ich gar nicht zu viel sagen, da es hier anscheinend mehr um so etwas wie Literatur gehen soll. Mal schauen, ob ich da mithalten kann...

Sollte es trotzdem jemanden interessieren:
www.fabianbader.de
oder Facebook: Fabian Bader




Nun zu meinem Text:

Oft komme ich auf die dumme Idee alte Texte ein Jahr später nochmals anzuschauen. Nicht selten werde ich dann von einem Fremdschämen auf diesen jüngeren, mir nun so fern erscheinenden Fabian überwältigt und lösche das Dokument. Ein normaler Dienstag.
Den nun folgenden Text betrachte ich jedoch anders. Zwar würde er nie wieder so aus meiner Tastatur auf dem Bildschirm erscheinen, doch war dieser Texte der erste mit dem ich so etwas wie öffentliche Aufmerksamkeit erhaschen konnte. Damals die PULS-Lesereihe gewinnen...
Deshalb offenbare ich euch nun, von eigener Nostalgie verblendet, ein frühes Schaffen und ihr dürft entscheiden mit wie viel Scham ich das zukünftig wieder tun sollte.



#Bachelor of Hearts


Früher war das hier Heimat. Heute streichen sich gerade volljährig gewordene Hipster gegenseitig ihre Dreitagebärte und werfen sich über den Kicker lauthals Beleidigungen zu, die keiner mehr genau versteht. #Lifestyle
Eigentlich fühle ich mich nicht alt, doch so umzingelt von zwanzigjährigen Freigeistern, die noch zwei Semester brauchen, bis sie ihren BWL-Bachelor endlich in der Tasche haben, tragen die roten Lampions des Clubs schwer zu einer melancholischen Stimmung bei. Über mein genaues Alter rede ich ungern, doch sagen wir so: wenn eine Frau meine Wohnung über der ehemaligen alten Filmbühne nicht findet, ist sie eindeutig zu jung für mich. Trotzdem habe ich noch kein abgeschlossenes Studium oder bin gar einer dieser motivierten Mitzwanzigerdozenten. Dafür weiß ich, wie peinlich es ist, sich in einer Studentenkneipe über die Zitrone in seinem Gin-Tonic zu beschweren und nenne die Bib nicht mehr Philosophicum II. Letztes Semester hat mich so ein kleines Mädchen wirklich gefragt: „Könnte Sie mir bitte den Weg zum Philosophicum II beschreiben?“ In der Situation war ich dann so erschlagen von dem Sie, ihrer Kindlichkeit und dem Kontakt zu Frauen im Allgemeinen, dass ich der Orientierungslosen nur stammelnd empfohlen habe, eine dazu passende App zu suchen. Ob es die gibt, weiß ich nicht. Keine Glanzstunde meiner Schlagfertigkeit jedenfalls, obwohl ich sogar einige Semester Rhetorik studiert habe. Aber, das ist eben der Unterschied zwischen Uni und dem #Reallife.
Gerade als ich mit dem Thema abschließen möchte und einen großen Schluck aus meinem Gin-Tonic nehme, fällt mir wieder ein, was ich vor kurzem in der Welt gelesen habe: über die Hälfte der Arbeitgeber sind mit den frisch angestellten Bachelorabsolventen unzufrieden. Diese bringen zu wenig work experience mit. Neben der Tatsache, dass Wörter wie work experience nichts in der deutschen Sprache zu suchen haben, bin ich der festen Überzeugung, die Arbeitgeber vermissen eher so etwas wie Lebenserfahrung bei den Anfang Zwanzigjährigen. Aber die können sie gar nicht haben, wenn man ein Jahr Gymnasium streicht, den Wehrdienst abschafft und versucht die Kürzung der Regelstudienzeit durch den freiwilligen Erwerb von Softskills auszugleichen. Ich persönlich besitze keine zertifizierten Softskills und in dunklen Stunden, auf meinen späten Heimwegen durch die schmalen Gässchen Regensburgs, frage ich mich manchmal, ob mich das zu einem schlechten Menschen macht. #SadMoments
Nächster Gin-Tonic, neuer Gedanke: Einer dieser laissez faire Vertreter bin ich dann aber auch ganz und gar nicht. Wenn so ein Schmalspurphilosoph wie Richard David Precht wieder einmal Aufmerksamkeit braucht und ohne Ahnung vom Bildungssystem erklärt, die Universität solle auch vermitteln, eigenverantwortlich zu entscheiden, wann man faul sein darf, rege ich mich sofort furchtbar auf. Nicht nur, dass verantwortlich und faul einen Gegensatz bilden, nein, ich stelle mir dann immer vor, wie das in Deutschland aussehen würde: Ein Pflichtseminar „Wann darf ich faul sein“, geleitet von einem fünfundzwanzigjährigen Masterabsolvent mit Multiple-Choice-Test am Ende des Semester. #Bolognareform.
Nach einem letzten, abschließenden Beruhigungs-Gin-Tonic, komme ich für mich zu dem Schluss, dass weder 180 ECTS-Punkte noch eigenverantwortliches Unischwänzen ausreichen, um aus mir so einen echten Erwachsenen zu formen. Was es dafür braucht, weiß ich einfach nicht. Deshalb starre ich etwas hilfesuchende auf den Boden meines leeren Drinks, doch auch hier finde ich keine ehrliche Antwort.
Dann wird es wohl ein großes Abenteuer - mit Verlängerung der Regelstudienzeit.
#Bachelor of Hearts












1 Kommentar:

  1. Ohne Frage weit entfernt von etwas, wofür man sich irgendwann schämen müsste. Eher ein authentischer Text über die Suche nach analogem Sinn und Entschleunigung in einer digitalen, rastlosen Realität. Ironisch und trotzig ohne belehrend auf den Sack zu gehen. Ein ziemlich makelloser erster Satz, der gleich im ersten Atemzug andeutet, dass unterwegs irgendwas verloren gegangen ist.

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